Schmerz

Jesus, der uns Menschen zu Geschwistern macht

4. Station
Jesus begegnet seiner Mutter 

GOTT
Fern der Heimat und in einem Viehstall gebar Maria von Nazaret ihren Sohn, den Erstgeborenen, meinen Menschensohn. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
Lukas 2,7
Als Marias Kind beschnitten werden musste, gab man ihm den Namen Jesus. Im Tempel kam der greise Simeon dazu und lobte mich, seinen Gott, weil der in Jesus den Messias, die Herrlichkeit für Israel, sah. Maria aber sagte er: Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.
Lukas 2,21 und 30 und 35

JESUS
Maria, Mutter, ich wusste, dass ich dir auf meinem letzten, dem schmerzvollsten Weg für mich und für dich, begegnen werde. Mein Schmerz ist groß. Dein Schmerz ist noch größer. Deiner Augen sind leergeweint, wie tot. In deinen Mantel gehüllt stehst du vor mir, erstarrt wie eine Tote, und ich schleppe mein Kreuz an dir vorbei.
Ja, ich bin dein Sohn. Aber ich bin auch nicht mehr dein Sohn. Ich musste mich von dir lösen. Denn ich bin der Bruder aller Menschen. Damals, als du und meine Brüder mich gesucht haben, um mich zu überreden, nach Nazaret heimzukehren, bezeugte ich allen, die um mich herumsaßen: Ihr seid meine Mutter, meine Brüder und Schwestern. Was für ein Schmerz für Dich. Aber ich musste es bekennen, denn das war der Auftrag, der Wille meines himmlischen Vaters. Deshalb bin ich von zu Hause weggegangen und durchs Land gezogen, um allen die frohe Botschaft zu bringen, dass alle Menschen Kinder Gottes sind. So habe ich alle zu Geschwistern gemacht. Für immer.
Der Lohn für meinen Liebesdienst ist das Kreuz. Denn nirgends hat der Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat und in seiner Familie.
Mutter, du schweigst. Dein Schmerz ist zu groß. Du kannst kein Wort sagen. Ich aber sage zu dir: Es war schon immer so und wird bis zum Ende der Welt so sein: Wer sich mit den Armen, Ausgestoßenen, Sklaven, Zöllnern, Dirnen, mit den Sündern verbrüdert, der wird verfolgt, beschimpft, angeklagt, verurteilt, ausgeschlossen, bestraft und auch ermordet werden.

ICH
Alle wollen leben. Denn das Leben will leben. Der getretene Grashalm will leben und die riesige, hundertzwanzig Jahre alte Linde im Hof unserer Franziskusgemeinschaft will leben. Das gejagte Reh will leben und der Storch, der elegant über den Wiesen segelt.
Die Flüchtlinge, die auf den Meeren treiben, und die vom Corona-Virus Infizierten wollen leben. Die liebevollen Propheten, die alle ihre Kräfte für Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen einsetzten, wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Erzbischof Romero, Roger Schutz, wollten leben. Sie wurden ermordet. Der Tod – was für ein Schmerz!
Dem Schmerz und dem Tod sind wir alle ausgeliefert. Im Schmerz und im Tod werden wir alle gleich. Im Schmerz und im Tod werden wir, sind wir Geschwister. Schmerz und Tod – warum? Warum? Warum?

Jesus, ich schau auf dich.
Jesus, schau du auf mich.

HISTORISCHES

Entstehung der Kreuzwegandacht

DOWNLOAD