Jesus, der uns Menschen zu Geschwistern macht
GOTT
Fern der Heimat und in einem Viehstall gebar Maria von
Nazaret ihren Sohn, den Erstgeborenen, meinen Menschensohn. Sie wickelte ihn
in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für
sie war.
Lukas 2,7
Als Marias Kind beschnitten werden musste, gab man ihm
den Namen Jesus. Im Tempel kam der greise Simeon dazu und lobte mich, seinen
Gott, weil der in Jesus den Messias, die Herrlichkeit für Israel, sah. Maria
aber sagte er: Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.
Lukas
2,21 und 30 und 35
JESUS
Maria, Mutter, ich wusste, dass ich dir auf meinem
letzten, dem schmerzvollsten Weg für mich und für dich, begegnen werde. Mein
Schmerz ist groß. Dein Schmerz ist noch größer. Deiner Augen sind leergeweint,
wie tot. In deinen Mantel gehüllt stehst du vor mir, erstarrt wie eine Tote,
und ich schleppe mein Kreuz an dir vorbei.
Ja, ich bin dein Sohn. Aber ich bin auch nicht mehr
dein Sohn. Ich musste mich von dir lösen. Denn ich bin der Bruder aller
Menschen. Damals, als du und meine Brüder mich gesucht haben, um mich zu
überreden, nach Nazaret heimzukehren, bezeugte ich allen, die um mich
herumsaßen: Ihr seid meine Mutter, meine Brüder und Schwestern. Was für ein
Schmerz für Dich. Aber ich musste es bekennen, denn das war der Auftrag, der
Wille meines himmlischen Vaters. Deshalb bin ich von zu Hause weggegangen und
durchs Land gezogen, um allen die frohe Botschaft zu bringen, dass alle
Menschen Kinder Gottes sind. So habe ich alle zu Geschwistern gemacht. Für
immer.
Der Lohn für meinen Liebesdienst ist das Kreuz. Denn
nirgends hat der Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat und in seiner
Familie.
Mutter, du schweigst. Dein Schmerz ist zu groß. Du
kannst kein Wort sagen. Ich aber sage zu dir: Es war schon immer so und wird
bis zum Ende der Welt so sein: Wer sich mit den Armen, Ausgestoßenen, Sklaven,
Zöllnern, Dirnen, mit den Sündern verbrüdert, der wird verfolgt, beschimpft,
angeklagt, verurteilt, ausgeschlossen, bestraft und auch ermordet werden.
ICH
Alle wollen leben. Denn das Leben will leben. Der
getretene Grashalm will leben und die riesige, hundertzwanzig Jahre alte Linde
im Hof unserer Franziskusgemeinschaft will leben. Das gejagte Reh will leben
und der Storch, der elegant über den Wiesen segelt.
Die Flüchtlinge, die auf den Meeren treiben, und die
vom Corona-Virus Infizierten wollen leben. Die liebevollen Propheten, die alle
ihre Kräfte für Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen einsetzten, wie
Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Erzbischof Romero, Roger Schutz, wollten
leben. Sie wurden ermordet.
Der Tod – was für ein Schmerz!
Dem Schmerz und dem Tod sind wir alle ausgeliefert. Im
Schmerz und im Tod werden wir alle gleich. Im Schmerz und im Tod werden wir,
sind wir Geschwister.
Schmerz und Tod – warum? Warum? Warum?
Jesus, ich schau auf dich.
Jesus, schau du auf mich.
created with
Nicepage .